Cerveteri. Die Nekropole von Monte Abatone
Die Monte Abatone-Nekropole der etruskischen Großstadt Caere/Cerveteri ist mit ca. 100 ha Fläche eine der ausgedehntesten etruskischen Nekropolen (Abb. 1-2). Es handelt sich zumeist um Kammergräber, deren Belegungszeit die gesamte Stadtgeschichte vom 8. Jh. v. Chr. bis in die frühe römische Kaiserzeit abdeckt. In den 50er Jahren des 20. Jhs. wurden über 600 Gräber im Rahmen von Notgrabungen ausgenommen, ohne jedoch die Befunde zu dokumentieren. In den Museumsmagazinen sind etwa 6000 Beigaben aus über 300 Grabkontexten erhalten; hiervon sind lediglich 40 publiziert. Übergeordnetes Ziel des Projekts ist die Erforschung der historischen und demographischen Entwicklung der Metropole Caere, seiner Kulturkontakte sowie eine genauere Kenntnis der sozialen Gliederung der Stadtbevölkerung.
Die Ziele der ersten dreijährigen Projektphase sind: erstens das gesamte Material – vor allem Keramik – aus den Grabinventaren aufzunehmen und zu dokumentieren. Zweitens soll ein Plan der gesamten Nekropole erstellt, ihre Grenzen bestimmt sowie Anzahl, Lage und Größe der Gräber mit Hilfe geophysikalischer Prospektion geklärt werden. Drittens ist geplant, zwei Grabcluster freizulegen und ausgewählte Gräber zur Dokumentation der Grabarchitektur zu ergraben.
Das Projekt wird in Kooperation mit der Università della Campania ‚L. Vanvitelli‘ und der Università della Tuscia in Viterbo durchgeführt und von den drei Universitäten sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell unterstützt.
Abb. 1-2: Cerveteri und seine Nekropolen, Plan und Luftbild
Die Kooperation begann 2015 mit einer vom DAAD finanzierten Summer School, in deren Rahmen italienische und deutsche Studierende und Doktoranden (Koordination Dr. Jon Albers) gemeinsam die Inventare von insgesamt fünf etruskischen Gräbern aus dem Depot des Museums von Cerveteri untersucht haben. Dieses Material wurde im Rahmen einer einwöchigen Kampagne vor Ort beschrieben, bestimmt, fotografiert und gezeichnet. In einer zweiten Projektphase konnten die so gewonnenen Informationen gemeinsam in Bonn ausgewertet und die Objekte im Zuge der Bibliotheksrecherche bestimmt werden. Gleichzeitig wurden Kurse in AutoCAD angeboten und die gezeichneten Stücke digitalisiert. Zum Abschluss fand ein kleines Kolloquium statt, bei dem die einzelnen Ergebnisse zusammengeführt und übergeordnet diskutiert wurden. Daraus ist eine monographische Publikation entstanden. (Abb. 3-4)
Abb. 3-4: Summer School 2015: Inventar von Grab 530, Auswertung im AKM, Bonn
In zwei Kampagnen wurden 2018 und 2019 erste geophysikalische Prospektionen unter der Leitung von Dr. Salvatore Piro, Centro Nazionale delle Ricerche, Istituto per le Scienze Applicate ai Beni Culturali, durchgeführt. Im September 2018 wurde in einer Testkampagne ein Tumulus mit dem unterirdischem Kammergrab 642 in Teilen freigelegt.
Abb. 5: Luftbild der Grabungsfläche 2019 mit vier Tumuli, sechs Gräbern sowie Steinbrüchen
Grabungskampagne September 2019 (Abb. 5)
Der im Vorjahr bereits in Teilen freigelegte Komplex von Grab 642 konnte vollständig ergraben werden. Zudem wurde das Gräbercluster, zu welchem die Anlage gehört, großflächig untersucht und eine Fläche von knapp 1000 qm freigelegt. Bei den Arbeiten wurden sechs weitere Gräber entdeckt und die Funde geborgen. Dabei handelt es sich um drei Kammergräber (Nr. 73, 83 und 645) und drei einfache Grubenbestattungen (Nr. 643, 644 und 646). Während erstere stark oder weniger stark gestört sind, wurden zwei der Grubenbestattungen (Nr. 643 und 644) zumindest teilweise unberührt angetroffen. Besonders die intakten Gräber bieten einen hervorragenden Einblick in das Grabritual und die Person der/des dort Bestatteten.
Zu den Funden zählt vor
allem Keramik aus unterschiedlichen Gattungen, sowohl lokal
hergestellt als auch importiert. Der Großteil ist Ausstattung für
das Gelage, wie es zahlreiche Aufbewahrungs-, Schank- und Trinkgefäße
anzeigen. Dazu kommen in nicht geringer Menge Salbgefäße, allein in
Grab 446 acht Exemplare. Ergänzt werden die Beigaben bei weiblichen
Bestattungen um Schmuck, wie Fibeln und Anhänger aus Bronze oder
Glas, sowie um Webgerät, etwa Garnspulen und Spinnwirteln.
Chronologisch deckt das Material einen Zeitraum vom frühen 7. bis
zur ersten Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. ab. Die Gräber sind in enger
zeitlicher Abfolge entstanden, weshalb sich an ihnen auch
hervorragend die Entwicklung der der Grabarchitektur vom Gruben- zum
Kammergrab in allen Zwischenstufen nachweisen lässt.
Zwischen den
Gräbern konnten zahlreiche Spuren des Abbaus von Tuffsteinblöcken
dokumentiert werden, die für die Aufbauten der Gräber benötigt
wurden.
Parallel wurde die geophysikalische Prospektion im
westlichen Teil der Nekropole fortgesetzt und zahlreiche weitere
Gräber dokumentiert.
Literatur
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Grabkontexte der Monte Abatone Nekropole in Cerveteri. Der Caere Workshop der Universitäten Bonn und Campania 'L. Vanvitelli' – Corredi tombali della necropoli di Monte Abatone a Cerveteri. Il Workshop Caere delle Università di Bonn della Campania 'L. Vanvitelli' (Rom 2017) Edizioni Quasar
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J. Albers - M. Bentz - Chr. Briesack - A. Coen - F. Gilotta - R.P. Krämer - M. Micozzi, Die Nekropole von Monte Abatone in Cerveteri. Eine Summerschool der Universitäten Napoli II und Bonn, KuBA 6, 2016, 75–84
Projektleitung
Prof. Dr. Martin Bentz (Universität Bonn)
Prof. Dr. Alessandra Coen (Università della Campania)
Prof. Dr. Fernando Gilotta (Università della Campania)
Prof. Dr. Marina Micozzi (Università della Tuscia, Viterbo)
Projektteam Bonn
Dr. Dennis Beck
Christian Briesack M.A.
Florian Birkner M.A. (wiss. Hilfskraft)
Till Müller (studentische Hilfskraft)
Yannick Becker (studentische Hilfskraft)
Studierende:
Summer School 2015
Die Bonner Doktoranden Christian Briesack und Robinson Krämer sowie die Studierenden Francesca D'Angelo, Alessia Ferrone, Stefanie Herten, Nadja Mertens, Sarah Monz, Sarah Murgolo, Rosaria Natale, Maria Parassi, Dorian Pirpamer, Renato Randolo, Rick Springer.
Grabungskampagne 2019
aus Bonn: Yannick Becker, Florian Birkner, Nadja Mertens, Sara Murgolo, Till Müller.